Wir sind große Tierfreunde. Meiner Frau z.B. haben es vor allem Hunde angetan. Auf der Straße hält sie stets einen Mindestabstand von 20 Metern zum nächsten Hund und nimmt sogar Umwege in Kauf. Liebe basiert auf Respekt, sagt sie dann immer. Sie respektiere die Privatsphäre der Hunde. Der Hund klopfe ja schließlich auch nicht ungefragt bei uns an die Wohnungstür.

Wer die Vierbeiner liebt, kommt ihnen nicht zu nahe. Hundefreunde wie meine Frau wissen so etwas. Unsere beiden Töchter nicht. Der kleine Scotland Terrier, der bei den Nachbarn im obersten Stock wohnt, hat davon auch noch nie was gehört. Die Mädels streicheln, kraulen und knuddeln, der Wauwau schlabbert alle ab.

Ich mag den kleinen Köter. Er hört auf den Namen Whiskey und mit so einem Namen hat man im Hundeleben schon gewonnen. Dazu noch die Optik. Ein kleiner, süßer, weißer Fellknäuel. Knuffig wie ein Wattebausch. Sogar der Cesar-Hund kann ihm nicht das Wasser reichen.

Seine Anziehungskraft ist erstaunlich. Meine Frau kann mit Tieren nichts anfangen und einen Regenwurm nicht von einer Kuh unterscheiden, doch Whiskey zieht sie in seinen Bann. In null komma nix vergisst sie ihre Abstandsregeln und schmilzt dahin wie Butter in der Sonne. „Ja, wo isser denn, jaaa wo isser denn? So ein Süüüßer“, sagt sie dann und tätschelt dem Wauzi das Köpflein.

Ich packe das fürchterliche Ungeheuer am Schädel und sage „Braaav isser, ein gaaanz Braaaaver isser“

Wenn der Köter allerdings mal bellt – und ja, das kommt auch vor – dann hüpfen meine drei Damen vor Schreck auf den Tisch und rufen lauthals „PAPAAA, Hiiiiilfffeeee, Papaaaa, komm SCHNELL!“. Spätestens dann schlägt meine Stunde und ich darf den tapferen und furchtlosen Ritter spielen. Dabei lasse ich mir gebührend Zeit. Bevor ich die Bühne betrete, müssen die Damen vor Verzweiflung schluchzen. Dann schlendere ich fröhlich pfeifend Richtung Esszimmer und tue ganz überrascht als ich die drei auf dem Tisch erblicke. „Meiner Treu, mich deucht ihr steckt in Schwierigkeiten? Will das schreckliche Untier euch etwa fressen? Verzaget nicht, ich werde euch erretten!“, verlaute ich, ganz in meiner Rolle aufgehend. Meine Frau antwortet dann: „Mein holder Ritter! Unsere Errettung soll euch nicht zum Nachteil gereichen“. Ich packe das fürchterliche Ungeheuer mit beiden Händen am Schädel und sage „Braaav isser, ein gaaanz Braaaaver isser“, dabei kraule ich das Monster hinter den Ohren, woraufhin es ganz zutraulich und ruhig wird. Die Edelfrauen wagen sogleich den Schritt zurück auf den Dielenboden und ich werde gefeiert wie ein echter Held. So einfach wird man zum tapferen Ritter.

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