Der Krampus löst jedes Jahr große Aufregung in unserem Haus aus. Er macht das auch wenn er eigentlich gar nicht da ist.

Letztens ist Tochter L. mitten in der Nacht aufgewacht, verkehrt – mit dem Kopf am Fußende – und hat „Naanaaa, nicht, nicht! Krampusss … Pusss!“ gebrüllt. Die Frau ist sofort zu ihr geeilt um sie zu beruhigen und wieder in den Schlaf zu trösten, aber sie wollte nicht mehr schlafen. Sie hatte Angst, wollte aber trotzdem auf der Stelle zum Krampuslauf und brüllte „Krampusss! Jetzt!“. Die Frau sagte, dass es jetzt keine Krampusse gäbe, es sei ja 4 Uhr in der Früh und die Krampe schliefen selber alle noch.

1. Zwischen Furcht und Faszination

Eine meiner Töchter sagte mir neulich: „Papa, das letzte Mal beim Krampuslauf, wie du mich auf den Schultern getragen hast, hab ich ein bisschen pinkeln müssen und du hast garnix gemerkt. Hihi.“. Sie fand das lustig, gluckste vergnügt vor sich hin. Ich erinnere mich, sie war damals gerade drei Jahre alt geworden, frisch der Windel entwachsen. Wir standen an der Straße, direkt an der Absperrung, hinter der die Höllengestalten mit Feuerfackeln und ihren Kuhglocken vorbeiströmten. Ein paar der befellten Kameraden schlugen mit ihren Ruten durch das Absperrgitter. Einer davon muss den Pinkel-Rückfall verursacht haben, der sich direkt in meinem Nacken entlud. Ich hab davon aber nix gemerkt. Es war sehr kalt und ich war dick eingemummelt. Winterjacke und Schal, mein Nacken taub und tot, weil ich das Kind schon seit einer Stunde da oben sitzen hatte. Hätte sie mir einen Eimer Schwefelsäure in den Kragen gekippt, ich wäre schmerzlos verstorben.

2. Gruselige Krampusgeschichten

Nikolo, Krampus und Engel
Nikolo, Krampus und Engel auf Hausbesuch

Jährlich ab November, wenn es draußen kalt, neblig und ein bisschen unheimlich wird, verlangen die Mädels ihre tägliche Dosis an Krampusstorys. Der beste Geschichtenerzähler ist der Opa, er hat die düstersten Anekdoten auf Lager. Und wenn es zu wild, die Angst zu groß wird, beschwichtigt er zunächst: „Aber, aber, liebe Kinder, keine Angst, die sind ja alle nur verkleidet …“, erhebt dann seine Stimme und spricht laut hallend: „Nur einer nicht, weil einer ist der ECHTE TEUFEL!“. Den Mädels gefällt das, sie glotzen ihn dann mit weit aufgerissenen Augen an und können abends nicht einschlafen.

Wenn der Opa nicht verfügbar ist, muss ich die Geschichten erfinden. Je brutaler und unheimlicher desto besser. Ich erzähle dann von Erfahrungen, die ich als junger Bub selbst mit den Krampussen gemacht habe und schmücke diese wild aus. Wie sie uns gepackt und in den Bach geschmissen haben. Wie sie uns in ihren Korb gesteckt haben, mit in ihre Höhle in den Wald verschleppten und dort mit Würmern fütterten oder wie sie plötzlich mal in der Wohnung standen und wir uns im Klo einsperrten.

3. Perfide Pläne

Inspiriert von Opas und meinen Geschichten schmieden die Mädels dann Pläne wie sie die Krampusse heuer am besten ärgern wollen. Wie sie ihnen Böller vor die Füße werfen oder ihnen heimlich Stolperfallen stellen wollen, damit sie mit dem Gesicht auf dem Randstein landen. Das Ausmaß der Gemeinheiten kennt dabei keine Grenzen. „Wir nehmen die gute Schere von Oma und schneiden dem Krampe hinten das Fell auf, so dass der Popo rausschaut“, spricht die kleine Tochter und ergänzt nach kurzem Überlegen: „und dann schütten wir ihnen heißen Tee hinten rein ins Loch. Hihi.“ Die große Tochter ist nicht minder bösartig: „Am besten wir fesseln sie und rasieren ihnen das Fell mit dem Akkurasierer vom Papa, dann wird ihnen ganz kalt und sie müssen sich endlich mal was Gscheites anziehen.“

Spätestens beim Krampuslauf schlägt die Realität zu und sie verstecken sich hinter mir und machen keinen Mucks mehr. Sie halten sich am Absperrgitter fest und sehen zu wie Krampusse und Hexen vorüberziehen. Was sie dabei denken? Ach, wäre der Papa doch ein Krampus, könnte ich doch die Tochter eines Krampus sein, ein aufstrebender Spross aus einer mächtigen Krampusdynastie, oder wenigstens eine hässliche Hexe, schrill lachend die Kinder auspeitschen und nachts im Wald gemeinsam mit den Krampussen in deren Höhle schlafen. Aber nein, Blödsinn, so weit denken die sicher nicht.

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